Kassels Hoftheater - Italienische Oper und mehr
Im Barockgebäude und Innen im "leichten" Rokoko
Kassels "Altes Theater", das Hoftheater - Wow!
Berühmte Aufführungen im Opernhaus mit Unterlogen und drei Galerien übereinander,
Platz für 1200 Zuschauer im Drei-Sparten-Haus
Mein Website Beitrag sollte eigentlich lediglich einige Hintergrundinformationen liefern - abgestimmt auf das Ballhauskonzert am 1. Mai 2025, in Tradition des Welterbe Vereins zum Beginn der Wasserspiele.
Konzert zur Eröffnung der Wasserspiele mit Solisten und dem Kammerorchester der Musikakademie Louis Spohr. Auszüge aus der Oper „Diana ed Endimione“ von Ignazio Fiorillo.
Frau Professor Martina Sitt moderierte die Veranstaltung und schilderte aus kunsthistorischer Sicht anschaulich und kurzweilig, wie der Kasseler Hofmaler Johann Heinrich Tischbein d. Ä. Bühnendekorationen u. a. für die Uraufführung dieser Oper herstellte. Das war alles in allem eine erstrangige Veranstaltung.
Die Aufführungen Italienischer Opern "unten" in der Residenzstadt, in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, gehören zu den Höhepunkten der Musikkultur in Deutschlands Das Hoftheater ist der Spielort, mit dem der Ruf Kassels als bedeutende und experimentierfreudige Stadt verbunden ist: Opernaufführungen, Schauspiel, Ballett und zahlreiche Konzerte.
Mein erste Website-Einstellung habe ich überarbeitet und erweitert. Sie ist jetzt als historischer Überblick angelegt, um auf die
Geschichte der Spielorte zu schauen und um den Ort "Altes Hoftheater" am Opernplatz in das "Konzept Friedrichsplatz" einzuordnen und als Teil der Stadtplanung der 1770er Jahre zu betrachten.
Zum
Nachlesen und zum Studium der hier nur angedeuteten Musikgeschichte verweise ich auf gut lesbare und fundierte Untersuchungen von Fachleuten - meine Auswahl.
Um sich ausführlicher zu informieren: Dazu laden die Links unten auf dieser Seite ein.
Das alte Theater ist nicht das Königlich Preußische Theater, das 1909 an der Südseite des Friedrichsplatzes eingeweiht wird. Es geht um das landgräfliche Hoftheater aus dem Jahr 1769, das mit viel beachteten Aufführungen italienischer Opern zu einem in Deutschland geschätzten angesagten Spielort wird.
Das landgräfliche Hoftheater verändert seinen Namen im Kontext der politischen Zustände. Es steigt im Titel auf, ab 1803 ist es das "Kurfürstliche Hoftheater". Vier Jahre später verfügt Jérôme, als König von Westfalen regiert er von Kassel aus, den Namen "Théâtre Royal". Nach der napoleonischen Zeit heißt es 1814 erneut "Kurfürstliches Hoftheater". 1866 wird Hessen-Kassel Teil der Provinz Hessen-Nassau im Königreich Preußen, die Bezeichnung ändert sich wiederum. Das Haus ist jetzt Ort der "Königlichen Schauspiele zu Cassel". Neben diesem offiziellen Titel ist auch die Bezeichnung "Königliches Theater" üblich.


Beide Fotos zeigen das Hoftheater im Jahr 1908, ein Jahr vor dem Abriss des Gebäudes.
Bild links: Der repräsentative Eingang mit Auffahrt und Altane an der Königsstraße und die Ostfassade hin zum Opernplatz mit Ausgängen und den aufwändigen Anbauten.
Bild rechts: Der Zuschauerraum im "leichten" Rokoko-Stil mit den jeweils drei Rängen an den Seiten und den Logen vor der Bühne und hinten, dort in der Mitte ist die Fürstenloge zu erkennen.
Beide Aufnahmen (Fotos von Conrad Seldt, Atelier Eugen Kegel) erinnern an den
Abschied vom Alten Theater 1909, Erinnerungsblatt Sammlung FS


Bild links: Lithografie von Friedrich Appel 1830-1836, Grafische Sammlung HKH GS 20263.
Rechts neben dem Kurfürstlichen Hoftheater ist das Palais Waitz von Eschen zu erkennen. Zwischen beiden Gebäuden führt ein schmaler Weg hoch Richtung Wolfsschlucht.
Bild rechts: Postkarte 1906. Links die Obere Königsstraße. Die Ostseite des Theaters am Opernplatz zeigt den weiträumigen Ausbau des Palais hin zum hohen Bühnenhaus. Rechts angeschnitten ist das Spohrdenkmal zu erkennen, vor der Auffahrt zum Palais Waitz von Eschen. Postkarte Sammlung FS
Kurzer historischer Abriss der frühen Kasseler Musikgeschichte - eine Einordnung:
Im 16. und 17. Jahrhundert finden Kammer- und Repräsentationsmusik im herrschaftlichen Bereich statt: Burg, Schloss, Marstall und Ballhaus. Am Hofe bestallte, also geregelt bezahlte Musiker, führt
1502 Landgraf Wilhelm II. ein. Das ist
das Gründungsjahr der Hofkapelle und damit der Ausgangspunkt des institutionalisierten Kasseler Musikgeschehens bis hin zum heutigen Staatsorchester und Staatstheater.
Zur Hofmusik gehören anfangs Sänger und Instrumentalisten (Trompete, Zinke, Pauke, Laute). Im Verlauf der Reformation gewinnt die Kirchenmusik an Bedeutung. Die Ausbildung von Organisten wird wichtig, auch weil diese in den Kirchen in Stadt und Land die Gottesdienste bereichern und den Gesang der Gemeinde begleiten.
Heinrich Schütz wird Kapellknabe, der Fürst finanziert dessen dreijähriges Studium in Venedig - bei Giovanni Gabrieli, Kirchenmusiker und Hauptorganist am Markusdom. Schütz kehrt 1612 wieder für einige Jahre nach Kassel zurück, er komponiert und wird zum zweiten Organisten berufen.
Im 17. Jahrhundert werden größere
Spielorte für die Kammer- und Repräsentationsmusik gebraucht. Das Reithaus neben dem Marstall steht zur Verfügung, geeigneter ist aber ein
Ballhaus, das in zahlreichen europäischen Residenzen nahe des Fürstenhofes platziert wird.
Es wird 1592 zusammen mit der Rennbahn westlich des Schlosses errichtet. Das Gebäude bietet mit seinen
seitlichen Galerien ausreichend Platz für Veranstaltungen des Hofes, für Theater, Musik, Tanz. Landgraf Moritz gelingt es, bekannte Musiker an seinen Hof zu holen. Zwischen 1592 und 1613 kommen Wanderschauspieler aus England nach Kassel. Für die Theateraufführungen reicht das Ballhaus nicht aus. Der Landgraf lässt den
ersten festen Theaterbau Deutschlands errichten, das Ottoneum, am Westrand der Rennbahn, dicht an der Stadtmauer.
Landgraf Karl widmet 1709 dieses "Comedien-Hauß" zum Kunsthaus um, lässt dort eine Sternwarte einrichten. Ein Hörsaal ist notwendig, denn er verlegt die Hofschule hierher. Das
Collegium Carolinum bereitet auf das Universitätsstudium in Marburg und Rinteln vor und entwickelt sich zu einer Akademie der Wissenschaften.
Und die Musik, das Theater? Landgraf Karl engagiert Musiker, Sänger und Komponisten aus Italien, angeregt durch seinen Aufenthalt dort 1699 - 1700. Ein Umbau oder gar der Neubau des Ballhauses soll dieses Gebäude zum ersten und würdigen Spielort machen. Das gelingt nur mäßig und ist nicht von Dauer.
Erst
Landgraf Friedrich II. setzt Karls Wunsch um, die Repräsentationsmusik in einem angemessenen Haus unterzubringen, ausgerichtet auf eindrucksvolle Opernaufführungen mit Außenwirkung und darauf, dass Hofgesellschaft, Gäste und die Bevölkerung, vom Sitzplan her getrennt aber doch zugleich gemeinsam, in einem Saal am Musikleben teilhaben können.
Der Ausbau des Ballhauses ist geplant, wird aber wegen baulicher Schwierigkeiten gänzlich verworfen. Nach dem Abriss entsteht an gleicher Stelle 1773 ein Komödienhaus. Entwürfe für die Innenausstattung legt François de Cuvilliés vor. Diese stoßen beim Oberhofbaumeister auf heftige Kritik, zu viel Ausschmückung für ein Haus im reformierten Hessen-Kassel. Das Komödienhaus brennt 1781 ab. Für ein repräsentatives Opernhaus ist aber bereits zuvor ein anderer Standort ausgewählt worden.
Ein Palais in der Oberneustadt soll ansprechender Spielort für Opernaufführungen werden. Der Ankauf durch den Landgrafen erfolgt 1762. Zum respektablen Gebäude gehört ein großes Grundstück an der oberen Königsstraße, an der Nord-West-Ecke des Friedrichsplatzes. Der Ort ist
Programm.
Wie bereits auf dem Homan-Plan von 1742 zu erkennen ist, hat sich Prinz Maximilian, ein Sohn Landgraf Karls, hier 1731 ein ansehnliches Palais mit barocker Gartenanlage einrichten lassen. Räumlichkeiten für Feste und Opernaufführungen sind vorhanden. Aber der Prinz wird insolvent, er stirbt 1753. Seine Töchter übernehmen die Anlage, diesen kauft es Landgraf Friedrich II. 1762 ab. Die ersten Aufführungen italienischer Opern finden hier statt. Hofkapellmeister wird 1763 der Italiener Ignatio Fiorillo. Er verpflichtet Gesangskräfte aus seiner Heimat. Kassels Ansehen in der Musikwelt steigt. Das Gebäude ist aber sanierungsbedürftig. Der Landgraf beauftragt 1764 seinen Oberhofbaumeister Simon Louis Du Ry mit der Planung eines grundlegenden Umbaus und der Erweiterung zum repräsentativen Opernhaus.
Das Prinz Maximilian Palais ist eine eindrucksvolle barocke Anlage in der Oberneustadt, dicht an der Esplanade vor den Stadtmauern. Auf dem Gebäude-Grundstück steht heute ein Teil der Galeria, der Garten erstreckt sich nördlich über die "Neue Fahrt" hinaus und reicht östlich bis zu den Häusern am Opernplatz.
Plan der Hochfürstl. Residenz- und Haubt - Stadt CASSEL in Nieder-Hessen nebst dem Hochfürstl Lust-Garten auf der Aue. Herausgegeben von Homänischen Erben. A 1742 C.R.S.C.M. (Kartenblatt Sammlung FS)
Der Spielbetrieb im neuen, modernen Hoftheater läuft erfolgreich, findet öffentlichen Zuspruch. Wie in anderen Regionen auch geht die Dominanz der italienischen Oper zu Ende. Landgraf Friedrich II. ernennt Marquis de Luchet 1776 zum "Surintendant de la musique et des spectacles". Auf dem Spielplan stehen fortan französische Aufführungen und zeitgenössische deutsche Schauspiele und Opern. Friedrichs Sohn, Landgraf Wilhelm IX. und ab 1803 Kurfürst Wilhelm I. unterstützt das Theater finanziell eher zurückhaltend. Die Geschichte der Spielpläne und Aufführungen, sowie den Wechsel von Intendanten, Operndirektoren und Musikdirektoren in den ersten Dekaden des 19. Jahrhunderts stellt Hans Joachim Schaefer bestens dar, im sehr lesenswerten
Aufsatz: 500 Jahre Orchesterkultur in Kassel 1502 - 2002.
In einem eigenen Kapitel beschreibt Schaefer, langjähriger Chefdramaturg am Staatstheater Kassel, das Wirken und die Bedeutung von Louis Spohr als Hofkapellmeister und Operndirektor - 1822 bis 1857.
1866, Hessen-Kassel geht in der preußischen Provinz Hessen-Nassau auf, verändert sich die Struktur der Hofbühnen in Hannover, Wiesbaden und Kassel. Die drei nun preußischen Theater verwaltet der Generalintendant der Königlichen Schauspiele in Berlin.
Theater um das Theater
1909, 1946, 1955...