Das Hoftheater und die Italienische Oper in Kassel

Im Barockgebäude und  Innen im "leichten" Rokoko

Kassels "Altes Theater", das Hoftheater - Wow!
Berühmte Aufführungen im Opernhaus mit Unterlogen und drei Galerien übereinander, 
Platz für 1200 Zuschauer im Drei-Sparten-Haus

Hoftheater und Italienische Oper - das setzt die Tradition der ... fort - Kassel hochrangige Musikkultur...
Einstieg hier mit Hoftheater, weil das hohe Ansehen, hier beginnt 
Und auch weil ...
- Mini-Einleitung in Arbeit -

Das alte Theater ist nicht das Königlich Preußische Theater, das 1909 an der Südseite des Friedrichsplatzes eingeweiht wird. Es geht um das landgräfliche Hoftheater aus dem Jahr 1769, das mit viel beachteten Aufführungen italienischer Opern zu einem in Deutschland geschätzten ersten Spielort wird.

Das landgräfliche Hoftheater verändert seinen Namen im Kontext der politischen Zustände. Es steigt im Titel auf, ab 1803 ist es das "Kurfürstliche Hoftheater". Vier Jahre später verfügt Jérôme, als König von Westfalen regiert er von Kassel aus, den Namen "Théâtre Royal". Nach der napoleonischen Zeit heißt es 1814 erneut "Kurfürstliches Hoftheater". 1866 wird Hessen-Kassel Teil der Provinz Hessen-Nassau im Königreich Preußen, die Bezeichnung ändert sich wiederum. Das Haus ist jetzt Ort der "Königlichen Schauspiele zu Cassel". Neben diesem offiziellen Titel ist auch die Bezeichnung "Königliches Theater" üblich.

Beide Fotos zeigen das Hoftheater im Jahr 1908, ein Jahr vor dem Abriss des Gebäudes.
Bild links: Der repräsentative Eingang mit Auffahrt und Altane an der Königsstraße und die Ostfassade hin zum Opernplatz mit Ausgängen und den aufwändigen Anbauten.
Bild rechts: Der Zuschauerraum mit den jeweils drei Emporen-Reihen an den Seiten, den Logen vor der Bühne sowie den Mittellogen hinten mit der Fürstenloge.
Beide Aufnahmen (Fotos von Conrad Seldt, Atelier Eugen Kegel) erinnern an den
Abschied vom Alten Theater 1909, Erinnerungsblatt Sammlung FS

Bild links: Lithografie von Friedrich Appel 1830-1836, Grafische Sammlung HKH GS 20263.
Rechts neben dem Kurfürstlichen Hoftheater ist das Palais Waitz von Eschen zu erkennen. Zwischen beiden Gebäuden führt ein schmaler Weg hoch Richtung Wolfsschlucht.
Bild rechts: Postkarte 1906. Links die Obere Königsstraße. Die Ostseite des Theaters am Opernplatz zeigt den weiträumigen Ausbau des Palais hin zum hohen Bühnenhaus. Rechts angeschnitten ist das Spohrdenkmal zu erkennen, vor der Auffahrt zum Palais Waitz von Eschen. Postkarte Sammlung FS

Die Aufführungen Italienischer Opern in der Residenzstadt des 18. Jahrhunderts gehören zu den Höhepunkten der Musikkultur Deutschlands. Das Hoftheater ist der Spielort, mit dem der Ruf Kassels als bedeutende und experimentierfreudige Musikstadt für Opernaufführungen, Schauspiel und Ballett verbunden ist und hier einsetzt. Eine kurze historische Einordnung der Entwicklung dahin ist aufschlussreich:
Zum Nachlesen und tieferem Studieren speziell auch der Musikgeschichte - eine Auswahl gut lesbarer fundierter Darstellungen.
Mehr zu den Spielorten im Laufe der Geschichte Kassels

Im 16. und 17. Jahrhundert finden Kammer- und Repräsentationsmusik im herrschaftlichen Bereich statt:  Burg, Schloss, Marstall und Ballhaus. Am Hofe bestallte, also geregelt bezahlte Musiker, führt
1502 Landgraf Wilhelm II. ein. Das ist das Gründungsjahr der Hofkapelle und damit der Ausgangspunkt des institutionalisierten Kasseler Musikgeschehens bis hin zum heutigen Staatsorchester und Staatstheater.

Zur Hofmusik gehören anfangs Sänger und Instrumentalisten (Trompete, Zinke, Pauke, Laute). Im Verlauf der Reformation gewinnt die Kirchenmusik an Bedeutung. Die Ausbildung von Organisten wird wichtig, auch weil diese in den Kirchen in Stadt und Land die Gottesdienste bereichern und den Gesang der Gemeinde begleiten.
Hofkapellmeister nehmen eine wichtige Funktion ein, sie unterrichten und betreuen die Hofkapellknaben, komponieren und arrangieren.
Landgraf Moritz erweitert die Hofkapelle, die Musik gewinnt an Bedeutung für das höfische Leben, ist wirkungsvoller Teil der Repräsentation. Musiker begleiten die Herrschaft bei Ausfahrten, Besuchen und Jagdausflügen. Einige Hofkapellmeister steigen zugleich als Oberkammerdiener auf und sind damit Träger eines einflussreichen Hofamtes, das mit Nähe zum Fürsten verbunden ist.   

Im frühen 17. Jahrhundert werden größere
Spielorte für die Kammer- und Repräsentationsmusik gebraucht. Das Reithaus neben dem Marstall steht zur Verfügung, geeigneter ist aber ein Ballhaus, das in zahlreichen europäischen Residenzen nahe des Fürstenhofes platziert wird. Ein neuer Architekturtyp entsteht, abgestimmt auf das Jeu de Paume, ein in Adelskreisen beliebtes Rückschlagspiel, die Vorform von Tennis. In Kassel sind der Bau und die Ausstattung eines Ballhauses durch Inventarlisten für 1592 und 1612 belegt. Es wird 1592 zusammen mit der Rennbahn westlich des Schlosses errichtet. Das Gebäude bietet mit seinen seitlichen Galerien ebenfalls ausreichend Platz für Veranstaltungen des Hofes, für Theater, Musik, Tanz.

Eine Großveranstaltung lässt Landgraf Moritz 1596 zur Taufe seiner Tochter Elisabeth ausrichten. Die Ritterspiele finden auf der Rennbahn mit mehreren hundert Akteuren statt. Für die Zuschauer sind links und rechts Tribünen aufgebaut. Imposant und auf Eindruck ausgerichtet zeigen die Stiche von Dilich im Dokumentationsband der Ritterspiele wie sich die zahlreichen Gesandtschaften aus den europäischen Fürstenhäusern auf den Weg machen. Haupt-Spielort ist die Rennbahn, die Theater-Aufführungen finden rund um das Lustschloss im Renaissancegarten statt. Diesen Schlossgarten bildet Hogenberg auf seiner
Ansicht von Cassel 1572 beeindruckend ab.

Besonders für das von Landgraf Moritz gegründete Collegium Mauritianum ist ein Ballhaus wichtig. Das Collegium ist die Kasseler Ritterakademie zur Ausbildung junger Adeliger und ausgewählter Jugendlicher bürgerlicher Herkunft. Die Schule ist in Räumen des Renthofs untergebracht. Im
Ballhaus unweit davon finden die Exercitien statt, Unterricht in den Leibesübungen und im Tanz. Die Nähe zu Schloss und Renthof als Hauptort des Collegiums sowie Aufrisse und Ansichten sind auf den Stadtplänen von Wessel, Merian und Roth abzulesen.

Landgraf Moritz gelingt es, bekannte Musiker an seinen Hof zu holen, z. B. 1594 den Engländer John Dowland, der auf einer einjährigen Auslandsreise große Fürstenhöfe besucht und als in Europa anerkannt bester Lautenspieler gilt. Das ist kein Zufall, Landgraf Moritz spielt die Laute, und er komponiert und fördert speziell auch die Theatermusik. Überhaupt, Theateraufführungen dieser Zeit sind ohne musikalische Begleitung und Umrahmung undenkbar.
Zwischen 1592 und 1613 kommen Wanderschauspieler aus England nach Kassel, Moritz verpflichtet diese. Für die Theateraufführungen reicht das Ballhaus nicht aus. Der Landgraf lässt den
ersten festen Theaterbau Deutschlands errichten, am Westrand der Rennbahn, dicht an der Stadtmauer. Es ist das Ottoneum, benannt nach seinem Sohn Otto.  Das Gebäude im Baustil der Weserrenaissance beherbergt heute das Naturkundemuseum. Auf dem Stadtplan von Wessel 1673 ist es als "Comedien Hauß" eingezeichnet.

Landgraf Karl widmet 1709 das Ottoneum zum Kunsthaus um, lässt eine Sternwarte errichten, ein Hörsaal ist notwendig, denn er verlegt die Hofschule hierher. Das  Collegium Carolinum bereitet auf das Universitätsstudium in Marburg und Rinteln vor und entwickelt sich zu einer Akademie der Wissenschaften.
Und die Musik, das Theater? Landgraf Karl engagiert Musiker, Sänger und Komponisten aus Italien, beeinflusst von seinem Aufenthalt dort 1699 - 1700. Es ist also nicht nur der Einfluss italienischer Bau- und Schaukunst den Karl im Herkulesprojekt umsetzen lässt. Es ist überhaupt eine Zeit der Italienbegeisterung, die an den europäischen Fürstenhäusern sichtbar und hörbar wird.
Ein Umbau oder gar der Neubau des Ballhauses soll dieses zum ersten und würdigen Spielort machen.
Das gelingt nur mäßig und ist nicht von Dauer.

Erst
Landgraf Friedrich II. setzt Karls Wunsch um, die Repräsentationsmusik in einem angemessenen Haus unterzubringen, ausgerichtet auf eindrucksvolle Opernaufführungen mit Außenwirkung und darauf, dass  Hofgesellschaft, Gäste und die Bevölkerung vom Sitzplan her getrennt aber doch zugleich gemeinsam, in einem Haus am Musikleben teilhaben können.

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in Arbeit
Dieses Konzept veranschaulichen bereits die Planungen für den Ausbau des Ballhauses. Schminke berichtet 1767 rückblickend, dass .... "das bisherige Ballhaus einstweilen zu einem Opern- und Comödienhaus auf das schönste eingerichtet" sei. S. 72
Mit dem Ballhaus kann aber Kassel nicht in der Opernszene mithalten - Häuser in ? Mannheim Nationaltheater ... Das 1773 wird das Ballhaus abgerissen, ein neues Gebäude das Komödienhaus Zeichnung von Tischbein
Auf dem Grundstück, bessere Ausnutzung der Baufläche, also größeres Gebäude, Innen neu gestaltet Vollständige Innen
Interessant - Entwürfe für Innenausstattung von Francois de Cuvilliés, Diskussion...
Rokoko - Ablehnung in Kassel - reformiert... Simon Louis du Ry
1787 brennt es ab
Naturtheater in der Karlsaue - Ausweichspielort, Problem Regen...
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Die Umsetzung, das Bereitstellen eines repräsentativen Spielorts für Opernaufführungen, beginnt 1762, mit dem Ankauf des großen Grundstückes an der oberen Königsstraße, an der Nord-West-Ecke des Friedrichsplatzes. Der Ort ist
Programm.
Wie bereits auf dem Homan-Plan von 1742 zu erkennen ist, hat sich Prinz Maximilian, der älteste Sohn Landgraf Karls, hier ein respektables Palais mit barocker Gartenanlage errichten lassen. Räumlichkeiten für Feste und Opernaufführungen sind vorhanden. Aber der Prinz wird insolvent, das Haus übernehmen seine Töchter, diesen kauft es Landgraf Friedrich II. 1762 ab. Die ersten Aufführungen italienischer Opern finden hier statt. Das Gebäude ist sanierungsbedürftig. Der Landgraf beauftragt 1764 seinen Oberhofbaumeister Simon Louis Du Ry mit der Planung einer Sanierung und der Erweiterung zu einem repräsentativen Opernhaus.

Homann Plan 1742: Fünf Pfeile markieren die Spielstätten für Musik, Rezitation, Singspiel, Komödie, Ballett und Oper. Von rechts nach links: Hofkapelle, Marstall, Ballhaus/Comödienhaus, Hoftheater
Plan der Hochfürstl. Residenz- und Haubt - Stadt CASSEL in Nieder-Hessen nebst dem Hochfürstl Lust-Garten auf der Aue. Herausgegeben von Homänischen Erben. A 1742 C.R.S.C.M. (Kartenblatt Sammlung FS)

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